In unserer anwaltlichen Praxis begegnen uns oft Aussagen wie: „Das war doch Notwehr!“ oder „Man darf sich doch verteidigen!“ Doch wann liegt tatsächlich eine Notwehrsituation vor und wie und in welcher Form darf man sich aus strafrechtlicher Sicht verteidigen.
Vor allem in Zusammenhang mit dem Gebrauch von Schusswaffen oder Pfeffersprays ist höchste Vorsicht geboten. Nicht nur, dass der Besitz und die Verwendung an strenge Auflagen gebunden sind, muss bedacht werden, dass all diese Selbstverteidigungsmittel bei unsachgemäßer Anwendung mehr schaden als nützen.
Setzt man beispielsweise einen Pfefferspray ohne Bedachtnahme auf die Windrichtung ein, kann man sich sehr schnell selbst „außer Gefecht setzen“ und nicht den potentiellen Angreifer. Darüber hinaus ist zu beachten, dass jede begangene Körperverletzung – auch die vom Opfer an einem Täter – grundsätzlich strafbar ist, es sei denn, die Handlung des Opfers ist durch die im Strafgesetzbuch normierte Notwehr gerechtfertigt. Gemäß § 3 StGB handelt „nicht rechtswidrig, wer sich nur der Verteidigung bedient, die notwendig ist, um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen von sich oder einem anderen abzuwenden.“
Bei genauer Betrachtung dieser Bestimmung lässt sich bereits auf den ersten Blick erkennen, dass eine Handlung nur dann als Notwehr gilt und somit gerechtfertigt ist, wenn ein direkter Zusammenhang mit einem unmittelbaren Angriff besteht und man nur das gelindeste zur Verfügung stehende Mittel einsetzt, um den Angriff verlässlich und endgültig zu beenden.
So wurden in der Judikatur Faustschläge gegen den körperlich überlegenen und bewaffneten Einbrecher als Notwehrhandlung qualifiziert, ein „brutaler Schlag“ des Angegriffenen, wenn dieser bloß zurückgedrängt und an der Bekleidung erfasst wurde aber nicht. Der schmale Grat zwischen einer effektiven Abwehr und einem „Notwehrexzess“ ist gerade während einer brenzligen Situation oft schwer zu finden.