Angeklagt – was jetzt?

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Ein nicht unwesentlicher Teil der anwaltlichen Praxis gilt der Strafverteidigung. Selbst wenn man nicht „freiwillig“ tätig wird, muss man im Rahmen der Verfahrenshilfe öfters auf der Verteidigerbank Platz nehmen. Auch wenn die meisten Leute (glücklicherweise) nie vor dem Strafrichter stehen, ist für den Fall der Fälle Nachstehendes gut zu wissen: 

Hinsichtlich der Strafbemessung gilt der Grundsatz, dass niemanden aus seinem Verteidigungsverhalten vor Gericht ein Nachteil erwachsen darf. Denn niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten oder darf hierzu gezwungen werden.

Einem Angeklagten steht es daher frei, wie „kooperativ“ er sich zeigt. Selbst hartnäckiges Leugnen, Aussageverweigerung, falsche Alibibehauptungen oder ein gleichgültiges Verhalten dürfen dem Angeklagten bei der Berechnung der Strafhöhe nicht erschwerend zur Last gelegt werden.

Wobei hier sehr vorsichtig gehandelt werden muss, denn dieses „Recht“ findet seine Grenzen dort, wo andere Personen zu Unrecht beschuldigt werden (Verleumdung), Zeugen zur falschen Aussage verleitet werden, gefälschte Urkunden vorgelegt werden oä.

Solange das Verteidigungsverhalten sohin keine weiteren Straftaten zur Folge hat, die eigenständig verfolgt werden, steht es dem Angeklagten frei, wie er vor Gericht auftritt.

Umgekehrt ist jedoch klar geregelt, dass ein reumütiges Geständnis und ein Beitrag zur Wahrheitsfindung als Milderungsgründe im Gesetz angeführt sind und praktisch eine wichtige Bedeutung bei Ausmittlung der Strafhöhe haben.

TIPP/WICHTIG: Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass sich grundsätzlich das Verhalten des Angeklagten vor Gericht nur positiv und strafmildernd jedoch nicht erschwerend auswirken kann. Mit einer guten individuellen Verteidigungsstrategie steht und fällt jeder Strafprozess und sollte daher eine solche mit dem Verteidiger erarbeitet werden. Die Ausführungen in diesem Aufsatz beziehen sich ausschließlich auf den Strafprozess und sind im zivilgerichtlichen Verfahren nicht analog zu übernehmen.